L-Arginin bei Herzrhythmusstörungen: Schutz oder Ursache?

L-Arginin bei Herzrhythmusstörungen: Schutz oder Ursache?
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Herz-/Kreislauferkrankung sind weltweit die häufigste Todesursache. Obwohl nicht jede Herzrhythmusstörung direkt lebensgefährlich ist, so können vor allem länger anhaltende Herzrhythmusstörungen Herzinsuffizienzen und sogar Infarkte auslösen. Ein gesundes Herz ist also sehr wichtig.

Es gibt viele Möglichkeiten, Herzrhythmusstörungen vorzubeugen und zu behandeln. Der natürlichen Aminosäure Arginin wird nachgesagt, über eine derartige Wirkung zu verfügen. Doch hilft Arginin wirklich bei Herzrhythmusstörungen und wie wirkt es im Körper? In diesem Artikel klären wir auf.

Das Wichtigste in Kürze

  • Arginin ist eine natürliche Aminosäure, welche vom Körper selbst produziert wird. Da es aber nicht in allen Lebenslagen in ausreichend Mengen produziert wird, ist die Aufnahme durch bspw. die Nahrung notwendig.
  • Arginin ist die Vorstufe von Stickstoffmonoxid, welches zu einer Erweiterung der Blutgefäße führt. Somit kann Arginin einen erhöhten Blutdruck senken.
  • Der genaue Wirkmechanismus von Arginin ist noch immer nicht bekannt. Obwohl von einer erhöhten Plasma-Arginin-Konzentration keine verstärkte endogene Stickstoffmonoxidproduktion zu erwarten ist, wurde dies in Studien beobachtet.

L-Arginin bei Herzrhythmusstörungen: Was du wissen solltest

Herzrhythmusstörungen werden in drei Kategorien aufgeteilt. Bradykardie ist das zu langsame, Tachykardie das zu schnelle und Arrhythmie das unregelmäßige Schlagen des Herzens. Diese Kategorien können unterschiedliche Ursachen haben.

Die Blutdruck senkende Eigenschaft von Arginin ist gut untersucht und nachgewiesen, für einen Einfluss auf die Herzschlag auslösenden elektrischen Impulse gibt es jedoch keine Indizien.

Was ist L-Arginin?

L-Arginin ist eine α-Aminosäure. Das L gibt hierbei die räumliche Anordnung der Moleküle, in diesem Fall links, an. Die rechte "D-Form" kann von körpereigenen Enzymen nicht erkannt werden. Wird von Arginin gesprochen, ist somit normalerweise L-Arginin gemeint.

Zwar wird Arginin vom Körper selbst produziert, in manchen Situationen wie der Wachstumsphase reicht dies jedoch nicht aus und es muss über die Nahrung oder Supplementierung ergänzend aufgenommen werden. Man spricht hierbei von semi-essentiellen Aminosäuren.

Welche Funktionen hat Arginin?

Arginin spiel für den menschlichen Stoffwechsel eine wichtige Rolle. Es ist die Vorstufe der Proteinsynthese und weiterer wichtiger Moleküle wie Stickoxid, Ornithin, Polyamine, Agmatin, Prolin, Glutamat, Kreatin und Harnstoff.

Molekül Aufgabe
Stickoxid Ein Botenstoff mit vielen Aufgaben. Fördert die Durchblutung und Bildung neuer Blutgefäße. Spiel eine wichtige Rolle im Immunsystem.
Ornithin Trägerstoff, zuständig für den Abtransport von Abbauprodukten des Stoffwechsels.
Polyamine In allen lebenden Zellen vorhanden. Spielt Zentrale Rolle bei der Regulation molekularer Signalwege.
Agmatin Vermutlich ein Neurotransmitter, ist jedoch noch Bestandteil genauerer Untersuchungen.
Prolin Wichtig für die Bildung und Gesundheit von Bindegewebe und Knochen.
Glutamat Spielt eine entscheidende Rolle als Signalübermittler oder Neurotransmitter. Notwendig für das Gedächtnis, Sinneswahrnehmung und Bewegung.
Kreatin Eine Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung, zuständig für den Energiestoffwechsel der Skelettmuskulatur.
Harnstoff Endprodukt des Harnstoffzyklus. Dient der Entgiftung von Ammoniak.

Gerade in der Wachstumsphase ist eine ausreichende Argininversorgung für eine optimale Entwicklung notwendig. Für Erwachsenen ist Arginin bei Erkrankungen wie bei Traumata, Verbrennungsverletzungen, Dünndarmresektionen und Nierenversagen besonders wichtig.(1)

Wie wirkt Arginin im Körper?

Abhängig von einer Rolle wirkt Arginin unterschiedlich im Körper. Im Zusammenhang mit Herzrhythmusstörungen ist seine Funktionsweise für die Synthese von Stickstoffmonoxid (NO) relevant. Arginin ist ein Substrat für die endothelspezifische Isoform der Stickoxidsynthase (eNOS) und sorgt so für eine erhöhte Stickoxidsynthese durch vaskuläres Endothel. NO diffundiert von den Endothelzellen in die glatte Muskulatur und sorgt dort für Entspannung, was zu einer Erweiterung der Blutgefäße(Vasodilatation) führt.

Der genaue Wirkmechanismus von Arginin ist nicht vollständig bekannt.

Liegt jedoch ein Mangel an Tetrahydrobiopterin vor, wird die eNOS Produktion zu einer Quelle von Sauerstoffradikalen. Zudem erhöht eine Arginin-Supplementation die Homocystein- Produktion. Dies kann zu einer Verschlechterung der Endothelfunktion und Atherosklerose führen.(2)

Asymmetrisches Dimethylarginin(ADMA) kann mit Arginin um die NOS-Bindungen konkurrieren und so die NO-Produktion hemmen. Bei einem hohen ADMA Spiegel scheint Arginin die Endothelfunktion zu normalisieren.(3)

Ist Arginin gut fürs Herz?

Der positive Effekt von Arginin auf einen Blutdruck konnte mehrfach nachgewiesen werden.(4,5) Eine Senkung des Blutdrucks kann das Herz entlasten und somit einen positiven Effekt haben. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz konnte jedoch keine Verbesserung im Vergleich zur Placebogruppe festgestellt werden.(6)

Stethoskop und Arginin tabletten

Arginin kann über Stickstoffmonoxid die glatte Muskulatur entspannen und so die Blutgefäße erweitern, was zu einer Senkung des Blutdrucks führt. Dies kann das Herz entlasten. (Bildquelle: Myriams-Fotos/ Pixabay)

Es wird vermutet, dass unterschiedliche Ergebnisse über die Wirkung von Arginin auf ein unterschiedliches Verhältnis von Arginin und ADMA im Körper zurückzuführen ist. Bei hohen ADMA-Werten scheint Arginin die NO-Verfügbarkeit zu erhöhen, was zu einer Verbesserung der hämodynamischen und kardialen Funktion führt.(7)

Welche Rolle spielt Arginin bei Herzrhythmusstörungen?

Schützt Arginin vor Herzrhythmusstörungen oder kann es sogar ein Auslöser sein? Studien liefern sehr unterschiedlicher Ergebnisse zu dem Zusammenhang von Arginin und Herzrhythmusstörungen. Wann kann die zusätzliche Einnahme helfen und wann wird es gefährlich? Im folgenden Teil klären wir auf.

Kann Arginin Herzrhythmusstörungen verursachen?

2014 entdeckten deutsche Wissenschaftler ein neues Gen, welches zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen kann. Bei einem Patienten wirkten mehrere mutierte Gene zusammen und veränderten so den Rhythmus der elektrischen Signale, welche den Herzschlag anregen. Bei dem mutierten Kaliumkanal "TASK-4" befindet sich an der Position 88 fälschlicherweise Arginin, was dessen Leitfähigkeit für Ionen dreifach erhöht.(8)

Hierbei handelt es sich allerdings um einen Einzelfall. Ein Zusammenhang mit einer erhöhten Einnahme von Arginin wurde nicht nachgewiesen. Wie es zu dieser Mutation kommen kann und ob diese häufiger auftritt müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.

Kann Arginin Herzrhythmusstörungen verhindern?

Die wissenschaftlichen Befunde über die Auswirkungen von Arginin auf das Herz sind nicht eindeutig. Während über die Blutdruck senkende Eigenschaft von Arginin eine Entlastung des Herzens erreicht werden kann, was die Gefahr einer Herzrhythmusstörung senken kann, so kann bei Patienten mit Atherosklerose, Arginin durch die Produktion von Peroxynitrit und den Verbrauch von Stickoxid die Atherosklerose noch verschlimmert werden.

Ob Arginin vor Herzrhythmusstörungen schützt lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen.

Bei einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie, bei der Patienten mit ST-Segmenterhöhungs-Myokardinfarkt mit L-Arginin behandelt wurden, verstarben im Laufe der 6 Monate sechs der Patienten, welche mit L-Arginin behandelt wurden, während niemand in der Placebogruppe starb.(9)

Patienten mit Vorerkrankungen des Herz-/Kreislaufsystems sollten also vor einer eventuellen Supplementierung von Arginin einen Arzt konsultieren. Bei gesunden Patienten kann eine Supplementierung von Arginin positive Effekte auf den Blutdruck haben und dem Körper helfen, beschädigte Gefäße im Herz zu reparieren.(8)

Wo findet Arginin noch Anwendung?

Arginin-Präparate zur oralen Einnahme sind wohl bei Sportlern am weitesten verbreitet. Die gleichen Mechanismen, welche einen positiven Effekt auf das Herz haben können, sollen auch hier zur Anwendung kommen. Sportler versprechen sich von der verbesserten Durchblutung durch höhere NO-Werte, eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und sogar eine indirekte Unterstützung beim Muskelaufbau. Besonders bei Bodybuildern ist Arginin daher beliebt.

Mann beim Deadlift

Bei Sportlern und vor allem bei Bodybuildern ist Arginin beliebt, da sie sich durch die verbesserte Durchblutung eine Steigerung der Leistung erhoffen. (Bildquelle: Victor Freitas/ Pexels)

Auch im Bett soll die verbesserte Durchblutung helfen. Einige Männer greifen daher auf Arginin als natürliches Potenzmittel zurück. Zwar konnte eine Studie an 40 unfruchtbaren Männern zeigen, dass Arginin die Mortalität von Spermien signifikant verbessert (10), über die "Sportliche"-Leistungssteigerung liegen jedoch unterschiedliche Ergebnisse vor.(11,12)

Wie viel mg Arginin am Tag?

Wie viel Arginin ein Mensch pro Tag brauch, lässt sich allgemein nicht sagen. In der Wachstumsphase und bei gewissen Krankheiten muss mindestens über die Nahrung zusätzliches Arginin aufgenommen werden. Bei einer gesunden Ernährung sollte dies aber kein Problem sein. Gesunde Menschen und vor allem Sportler können durch eine zusätzliche Supplementierung unter Umständen einen positiven Effekt wahrnehmen.

Im Zusammenhang mit Herzrhythmusstörungen wird es etwas schwieriger. Bei hohen ADMA-Werten kann eine zusätzliche Einnahme von Arginin durch die gesteigerte NO-Produktion zu einer Entlastung des Herzens führen. Bei Patienten mit Atherosklerose und akuten ST-Segmenterhöhungs-Myokardinfarkt haben Studien jedoch einen negativen Effekt von Arginin Supplementierung festgestellt. In diesen Fällen sollte die tägliche Dosis besser gering gehalten werden.

Welche Nebenwirkungen hat Arginin?

Bei Personen mit akuten Herzproblemen ist Vorsicht geboten. Einzelne Studien beobachteten einen positiven Einfluss von Arginin bei Personen mit akuten Herzproblemen. Es gibt jedoch auch Studien, welche in diesem Fall ein erhöhtes Risiko verzeichneten. Solltest du Probleme mit dem Herz haben, so solltest du einen Arzt vor der Supplementierung von Arginin konsultieren.

Für gesunde Personen wurden bisher auch bei Einnahme hoher Dosen keine schweren Nebenwirkungen festgestellt. Die Einnahme großer Mengen Arginin kann zu ähnlichen Symptomen führen wie ein Kater. Dazu zählen Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen.(13)

Fazit

Arginin werden viele positive Eigenschaften nachgesagt. Für das menschliche Herz-/Kreislaufsystem spielt es eine wichtige Rolle und erfüllt mehrere Funktionen. Seine genauen Wirkmechanismen sind jedoch noch immer nicht vollständig verstanden. Dies ist wohl der Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse über den Nutzen einer Argininsupplementierung. Gravierende Nebenwirkungen scheinen nur bei Vorerkrankungen aufzutreten.

Bei gesunden Menschen spricht also nichts gegen eine zusätzliche Aufnahme von Arginin, gezielt über die Nahrung oder über Nahrungsergänzungsmittel. In manchen Lebenssituationen kann dies sogar notwendig sein. Bei vorliegenden Herzproblemen kann auf ärztliche Anweisung Arginin unterstützend eingenommen werden, dies sollte aber nach Absprache und nicht nach eigenem Ermessen geschehen.

Einzelnachweise

  1. Scibior D, Czeczot H. Arginina--metabolizm i funkcje w organizmie człowieka [Arginine--metabolism and functions in the human organism]. Postepy Hig Med Dosw (Online). 2004;58:321-32. Polish. PMID: 15459550. Quelle
  2. Aronson, Jeffrey K., ed. Meyler's side effects of drugs: the international encyclopedia of adverse drug reactions and interactions. Elsevier, 2015, Pages 674-675 Quelle
  3. Rainer H. Böger, Die Pharmakodynamik von L-Arginin, The Journal of Nutrition , Band 137, Ausgabe 6, Juni 2007, Seiten 1650S - 1655S Quelle
  4. Miller AL. The effects of sustained-release-L-arginine formulation on blood pressure and vascular compliance in 29 healthy individuals. Altern Med Rev. 2006 Mar;11(1):23-9. PMID: 16597191. Quelle
  5. Dong JY, Qin LQ, Zhang Z, Zhao Y, Wang J, Arigoni F, Zhang W. Effect of oral L-arginine supplementation on blood pressure: a meta-analysis of randomized, double-blind, placebo-controlled trials. Am Heart J. 2011 Dec;162(6):959-65. doi: 10.1016/j.ahj.2011.09.012. Epub 2011 Nov 8. PMID: 22137067. Quelle
  6. Fontanive P, Saponati G, Iurato A, Volterrani C, Boni A, Piccioni L, Dini FL; L-Arginine in Heart Failure Study Group. Effects of L-arginine on the Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire quality-of-life score in patients with chronic systolic heart failure. Med Sci Monit. 2009 Dec;15(12):CR606-11. PMID: 19946230. Quelle
  7. Visser, Marlieke, et al. "The role of asymmetric dimethylarginine and arginine in the failing heart and its vasculature." European journal of heart failure 12.12 (2010): 1274-1281. Quelle
  8. Friedrich, Corinna, et al. "Gain‐of‐function mutation in TASK‐4 channels and severe cardiac conduction disorder." EMBO molecular medicine 6.7 (2014): 937-951. Quelle
  9. Schulman, Steven P., et al. "TRAITEMENT PAR L-ARGININE DE L'INFARCTUS AIGU DU MYOCARDE: L'ESSAI CLINIQUE RANDOMISE VINTAGE MI (VASCULAR INTERACTION WITH AGE IN MYOCARDIAL INFARCTION)." JAMA-français 295.2 (2006): a11. Quelle
  10. Scibona M., Meschini P., Capparelli S. et al. [L-Arginin und männliche Unfruchtbarkeit]. Minerva Urologica e Nefrologica = Das italienische Journal für Urologie und Nephrologie. 1994 Dec; 46 (4): 251 & ndash; 253. Quelle
  11. Gill, Sam. "The effects of acute arginine supplementation on 10 mile cycling time trial performance in young adult males." (2012). Quelle
  12. Bailey, Stephen J., et al. "Acute L-arginine supplementation reduces the O2 cost of moderate-intensity exercise and enhances high-intensity exercise tolerance." Journal of Applied Physiology 109.5 (2010): 1394-1403. Quelle
  13. Evans, Rhobert W., et al. "Biochemical responses of healthy subjects during dietary supplementation with L-arginine." The Journal of nutritional biochemistry 15.9 (2004): 534-539. Quelle
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